»Das Corona-Virus verändert zurzeit das Leben in unserem Land dramatisch. Unsere Vorstellungen von Normalität, von öffentlichem Leben, von sozialem Miteinander. All das wird auf die Probe gestellt wie nie zuvor.«
Mit diesen Worten richtete sich am 18. März 2020 die Bundkanzlerin Angela Merkel über eine TV-Ansprache an die Bürger und Bürgerinnen in Deutschland. Dabei bezieht sie sich auf staatliche Maßnahmen, wie soziale Kontaktbeschränkungen, die die Bundesregierung als Reaktion auf die Verbreitung der Atemwegserkrankung COVID-19 beschloss. Die aus der Corona-Pandemie resultierenden Einschränkungen sollten nur temporär gelten. Allerdings stellen bis heute die gefassten Beschlüsse einen radikalen Eingriff in das gesellschaftliche Leben dar. Mal stärker, mal schwächer. Doch bis zur Bewältigung der Pandemie gleicht unsere derzeitige Lebenswelt einem irritierten Spiegelbild unseres Alltages, dessen einzelne Schritte sich wie bei einem wilden Tanz stetig verändern. Aber welche Auswirkungen haben die getroffenen Maßnahmen auf das Leben in Deutschland? Und wie gehen die Menschen mit den Umständen in ihrem Alltag um? In meinem Essay wende ich mich diesen Fragen zu begleite den Versuch unserer Gesellschaft, mit ihrer gestörten Lebenswelt, der sogenannten neuen Normalität, umzugehen und diese wieder in einen gefühlten Urzustand, den Zustand vor der Pandemie, zurück zu setzen.
Hanna Modrakowski näht Mund- und Nasenschutzmasken für sich und ihre Familie. Obwohl sie sich schon länger für das Nähen interessiert, hat sie die Tätigkeit erst jetzt als Hobby für sich entdeckt. Das Tragen von Masken ist seit dem 27. April in den meisten Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln pflicht. Pirna, 2020.
Dr. Volkhard Bangert ist Internist und seit acht Jahren im Ruhestand. Zu Beginn der ersten Lockdown Maßnahmen, am 13. März, wurde er vom Gesundheitsamt Daun angefragt, ob er nicht aushelfen könne: »Die Tätigkeit hat meinen aktuellen Alltag völlig verändert. Es ist fast wie früher in der Praxis, nur dass ich deutlich schneller müde werde, was sicher meinem Alter geschuldet ist. Persönlich erlebe ich die Pandemie, vielleicht klingt es absurd, als eine berufliche Herausforderung, die mit vielen positiven Eindrücken besetzt ist und mich an gute Zeiten in der Praxis erinnern. Es macht mich zufrieden, meine beruflichen Möglichkeiten noch einmal anwenden zu können.« Daun, 2020.
Zuschauer in ihren Autos auf der »PSD Bank Flight Night« am 12. Juni. Es war das erste professionelle Zuschauer-Event Deutschlands, seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Die Beschränkungen sozialer Kontakte hatten einen radikalen Stop von Freizeit und Sportveranstaltungen als Folge. Der Besuch von Autokinos wurde jedoch über den Sommer wieder zugelassen, da dort die Zuschauer weit genug voneinander entfernt, sowie isoliert sind. Diese Leichtathletik-Veranstaltung dient als Spendengala. Einen ökonomischen Mehrwert haben solche Veranstaltung eher nicht. Düsseldorf, 2020.
Lisa-Marie Steinberg ist Bookerin für das Berliner Unternehmen Loft Concerts. Mit dem Beginn des Lockdowns musste es über 95 Veranstaltungen verschieben oder absagen. Seit dem 13. März befindet sie sich in Kurzarbeit und versucht fünf Stunden in der Woche mit Arbeit zu füllen. Das gelingt nicht immer. Berlin, 2020.
Eine Studentin der Medizinische Hochschule Hannover (MHH) überprüft die Daten eines Schülers. In einer gemeinsamen Studie der MHH und der Leibniz Universität Hannover, sollen für den Rest des Jahres 2020 Belegschaft und Schüler des Gymnasiums Schillerschule auf COVID-19 getestet werden. Ziel der Forschung ist es herauszufinden, wie sich das neuartige Coronavirus bei jungen Menschen verhält. Hannover, 2020.
Birgit Nowack sieht in den getroffenen Maßnahmen und Beschränkungen einen gefährlichen Eingriff in ihre Grundrechte. Es sei nicht das Virus von dem eine Gefahr für die Gesellschaft ausgehe, sondern die psychologischen Belastungen, die sich aufgrund der aktuellen Bestimmungen ergeben würden. Stress und inneren Druck stellt Birgit Nowack auch bei sich selbst fest: »obwohl es mir mit Haus und Garten und ohne finanzielle Sorgen wirklich gut geht - im Gegensatz zu vielen Anderen.« Neustadt am Rübenberge, 2020.
Zwei Klubbesucherinnen auf dem Parkplatz der Großraumdiskothek Index in Schüttorf. Nach wie vor ist nicht abzusehen, wann Veranstaltungen wie Konzerte wieder möglich sind. Um seinen Familienbetrieb zu retten, fragte der Klubbesitzer Holger Bösch beim Gesundheitsamt nach, ob ein Betrieb möglich sei, wenn seine Gäste ihr Auto nicht verließen. Zeitgleich zu den ersten Lockerungsmaßnahmen willigte es Böschs Antrag auf die Durchführung von »Autodiskos« ein. Schüttorf, 2020.